Die Ausgangslage
Zu Beginn der 2000er Jahre hatte Deutschland enorme wirtschaftliche Probleme und galt als „kranker Mann Europas“. Als Ursache für die Krise wurden auch die unflexiblen Tarifregelungen gesehen und der Ruf nach einer Abschaffung der Flächentarifverträge wurde zunehmend lauter.
Auf Grund der schwierigen wirtschaftlichen Lage forderten die Arbeitgeber in der Tarifrunde 2004 eine umfangreichere tarifliche Öffnungsklausel als bisher. Die IG Metall stimmte schließlich einem Kompromiss zu, der Abweichungen vom Flächentarifvertrag erleichterte.
Der Kompromiss in Pforzheim
Mit dem Tarifabschluss 2004 in Pforzheim vereinbarten Südwestmetall und IG Metall einen Baukasten mit dem die Wettbewerbsfähigkeit, Innovationsfähigkeit und Investitionsbedingungen für Betriebe gestärkt werden soll: Das „Pforzheimer Abkommen“.
Durch Tarifregelung auf betrieblicher Ebene kann von allen Elementen der Flächentarifverträge abgewichen werden. D. h. Arbeitgeber können, in enger Abstimmung mit ihren Betriebsräten und mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien, z. B.
- Arbeitszeiten mit oder ohne Entgeltausgleich verlängern
- das Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld kürzen
- das tarifliche Entgelt anpassen.
Zwar waren Ergänzungstarifverträge bereits davor möglich. Mit dem Abkommen wurden diese jedoch erstmals instrumentalisiert und verbessert.
Wird ein Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen, bieten Arbeitgeber den Beschäftigten eine Gegenleistung, wie z. B.
- Standort- und Investitionszusagen
- einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zur Beschäftigungssicherung.
Der Meilenstein
Anfangs wurde das „Pforzheimer Abkommen“ zwar noch kontrovers diskutiert. Doch die Praxis überzeugte auch die Kritiker: Nach einer zweimaligen Verlängerung, wurde es 2008 dauerhaft in den „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung“ - kurz TV Besch - integriert. Das "Pforzheimer Abkommen" gilt heute als Meilenstein der Tarifgeschichte, denn es war der Ausgangspunkt für differenzierte Tarifabschlüsse und schaffte so auch wieder Vertrauen in die Tarifautonomie.