Dr. Wolf: „Falsche Zeit für Höhenflüge. Wir müssen dringend Maß halten, um Beschäftigung im Land sichern zu können“

STUTTGART – Als „jenseits der Realität“ haben die Metallarbeitgeber in Baden-Württemberg die Forderungsempfehlung der IG Metall im Land für die anstehende Tarifrunde in Höhe von fünf Prozent kritisiert.

„Das ist das völlig falsche Signal. Wenn die IG Metall tatsächlich mit einer Forderung auch nur in der Nähe von fünf Prozent in die Tarifverhandlungen zieht, wird das nicht einmal ansatzweise den strukturellen Kostenproblemen gerecht, die uns massiv drücken. Das passt auch nicht zu den zahlreichen aktuellen Konjunkturrisiken – und es wird die Geschlossenheit im Arbeitgeberlager erhöhen“, sagte Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender von SÜDWESTMETALL, am Donnerstag in Stuttgart: „Das ist die falsche Zeit für Höhenflüge. Wir müssen jetzt dringend Maß halten, um im Inland Standorte und Beschäftigung sichern zu können.“                                                                   

Wolf verwies darauf, dass die Entgelte in der Metall- und Elektroindustrie (M+E) seit Beginn der Krise 2008 um mehr als 20 Prozent angehoben wurden, während die Produktivität mit weniger als zwei Prozent plus kaum vom Fleck gekommen sei: „Allein die Tarifrunden seit 2012 haben unseren Betrieben einen Kostenschub von 14 Prozent beschert.“ Die tariflichen Tabellenentgelte liegen mittlerweile weit mehr als 50 Prozent über denen des Jahrs 2000. Diese Entwicklung habe die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und baden-württembergischen Standorte massiv verschlechtert, so Wolf: „Die Verbesserungen, die wir uns in den davor liegenden Jahren hart erarbeitet haben, wurden in nur wenigen Jahren wieder verspielt.“

Die Folgen seien deutlich spürbar. Die Produktion im Land trete auf der Stelle, in der Fertigung seien bereits viele Jobs verloren gegangen. „Unsere Unternehmen wachsen fast nur noch im Ausland. Dort spielt auch die Musik, wenn in zusätzliche Kapazitäten investiert wird“, sagte Wolf.  Zwar gehe es einer Reihe von Unternehmen gut oder sogar sehr gut – dies aber meist nur deshalb, weil immer mehr im Ausland kostengünstiger produziert werden könne. Aber mehr als ein Fünftel der M+E-Betriebe bundesweit schreibe Verluste oder gerade einmal eine schwarze Null. Wer zudem glaube, man könne dauerhaft Gewinne im Inland verteilen, die durch Produktion im Ausland ermöglicht werden, der irre sich, so Wolf: „Eine Fünf-Prozent-Forderung für alle ignoriert diese Entwicklung komplett und setzt damit sowohl Produktionsstandorte als auch Beschäftigung im Land bewusst aufs Spiel.“

Die Forderungsempfehlung nehme auch keinerlei Rücksicht auf die aktuelle Konjunkturlage. Zwar werde für 2016 ein insgesamt noch ordentliches BIP-Wachstum prognostiziert, so der SÜDWESTMETALL-Vorsitzende: „Aber das wird doch massiv künstlich angeheizt durch niedrige Rohstoff- und Energiepreise, niedrige Zinsen und einen für den Export günstigen Euro-Kurs. Angesichts dieser positiven Faktoren muss man das erwartete Wachstum in der M+E-Industrie von einem Prozent als eher kümmerlich bezeichnen.“ Hinzu kämen noch weitere Risiken und Belastungen wie die Wachstumsschwäche in China, die Russlandsanktionen, die Syrien-Krise, Terrorgefahren, der Flüchtlingszustrom und die immer noch nicht ausgestandene Finanzkrise etlicher Euro-Staaten.

Mit Blick auf diese Rahmenbedingungen sei auch sichtbar, wie schwer sich die IG Metall tue, ihre Forderungsempfehlung zu begründen. Weil die reale Inflation weiterhin sehr niedrig sei, ziehe sie seit geraumer Zeit die deutliche höhere Zielinflation der EZB von zwei Prozent zur Begründung heran. „Die hat aber für Betriebe, die täglich die Löhne ihrer Beschäftigten erarbeiten müssen, keinerlei Relevanz“, sagte Wolf: „Eine Zielinflation, die so nicht eintritt, muss man zudem auch nicht ausgleichen, um reale Lohnverluste der Beschäftigten zu verhindern.“ Schon in den vergangenen Tarifrunden habe die IG Metall ihre Forderungen mit überhöhten Annahmen zu Inflation und Produktivitätsplus aufgeblasen, die so nicht eingetreten seien. „Unsere Unternehmen leben aber nicht vom Optimismus, sondern von Realitäten. Davon sind solche überhöhten Hammerforderungen meilenweit entfernt“, sagte Wolf.                                                                            

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