Gesetzgeber muss Anreize schaffen, die den Unternehmen die betriebliche Gesundheitsförderung erleichtern

AALEN – Aus Sicht der Arbeitgeber eröffnet die ‚Industrie 4.0‘ mit ihren mit ihren neuartigen Mensch-Maschine-Kollaborationen eine Vielzahl von neuen Chancen für die Gesundheit der Beschäftigten in menschengerechten Arbeitssystemen.

„Allerdings müssen Anreize geschaffen werden, die den Unternehmen eine betriebliche Gesundheitsförderung erleichtern“, erklärte der Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Ostwürttemberg, Jörn Peter Makko, am Dienstag zum Auftakt der landesweiten Tagung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement an der Hochschule Aalen.

Makko forderte den Gesetzgeber auf, die freiwilligen Leistungen der Arbeitgeber im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements vollständig von der Steuer- und Sozialversicherungspflicht zu befreien. Denn die vierte industrielle Revolution mit ihren cyber-physischen Systemen stelle die betriebliche Gesundheitsförderung auch vor neue Herausforderungen.

Der Arbeitgeber-Vertreter betonte, dass die betriebliche Gesundheitsförderung für die Unternehmen strikt freiwillig bleiben müsse: „Die Arbeitgeber müssen stets die Möglichkeit haben, auf aktuelle unternehmensspezifische Bedarfe zu reagieren.“ Die Basis der betrieblichen Gesundheitsförderung bleibe die Eigenverantwortung der Beschäftigten, so Makko. Die Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz könne im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements gefördert werden. „Die Verantwortung für die eigene Gesundheit trägt aber jeder Beschäftigte letzten Endes selbst“, erklärte der Bezirksgruppen-Geschäftsführer.

Die landesweite Tagung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement findet nun schon im fünften Jahr in Aalen statt und ist inzwischen zu einer guten Tradition geworden. Rund 270 Teilnehmer erlebten in diesem Jahr interessante Vorträge von hochkarätigen Experten aus Wissenschaft und Praxis. Veranstalter waren wieder der Arbeitgeberverband Südwestmetall und die Hochschule Aalen.

Im Fokus der Tagung standen diesmal die Herausforderungen und Chancen, die der Wandel der Arbeitswelt für das Betriebliche Gesundheitsmanagement mit sich bringt. Dabei ging es um Themen wie steigende Flexibilitätsanforderungen, fortschreitende Digitalisierung, alternde Belegschaften und zunehmende Bedeutung der psychischen Gesundheit.

SPERRFRIST FÜR DIE FOLGENDEN ABSÄTZE: 19.04.2016, 14:00 Uhr

Prof. Dr. Dieter Ahrens vom Studienbereich Gesundheitsmanagement der Hochschule Aalen wies in seinem Vortrag darauf hin, dass psychische Störungen in den letzten 15 Jahren nicht zugenommen hätten. Dieses Ergebnis von Survey-Daten stehe in deutlichem Widerspruch zu den Meldungen der gesetzlichen Krankenkassen, so Ahrens. „Anscheinend hat die Inanspruchnahme von Ärzten auch bei leichten psychischen Einschränkungen zugenommen“, nannte der Wissenschaftler einen der Gründe für diesen Widerspruch. Zudem könne es auch sein, dass psychische Störungen in den letzten Jahren häufiger diagnostiziert worden seien, weil das Thema insgesamt enttabuisiert worden sei, meinte Ahrens.

Dr.-Ing. Moritz Hämmerle vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart beleuchtete in seinem Vortrag die Herausforderungen und Chancen für das betriebliche Gesundheitsmanagement unter den Bedingungen der ‚Industrie 4.0‘. So würden beispielsweise Roboter künftig stärker als Arbeitspartner denn als Arbeitswerkzeug im Einsatz sein. Dies bringe erhebliche Vorteile für Ergonomie und Wertschöpfung, erfordere aber auch neue Bewertungsmethoden für die Mensch-Roboter-Kollaboration, erklärte Hämmerle. Der Einsatz von ‚Arbeitsmitteln 4.0‘ wie beispielsweise Exoskeletten für Überkopfarbeiten werde die Arbeit leichter machen und die Mitarbeiterzufriedenheit steigern, sagte der Experte.

Im Zentrum des Vortrags von Prof. Dr. Kerstin Rieder standen die Ressourcen aber auch die Risiken für die Gesundheit durch die Zunahme der Mobilität in der Arbeitswelt. „Prävention und Gesundheitsförderung sollten gezielt auf die besondere Situation mobil Arbeitender zugeschnitten werden“, empfahl Rieder, die ebenfalls dem Studienbereich Gesundheitsmanagement der Hochschule Aalen angehört. So müssten beispielsweise Maßnahmen angeboten werden, die auch für mobil Arbeitende nutzbar seien. „Insgesamt besteht allerdings noch Forschungsbedarf zur Bedeutung von unterschiedlichen Arbeitsbedingungen für die Belastung und Beanspruchung bei mobiler Arbeit“, sagte die Wissenschaftlerin.

Prof. Dr. Volker Nürnberg, der das Health Management der Mercer Deutschland GmbH in Frankfurt leitet, befasste sich in seinem Vortrag unter anderem mit Qualitätskriterien für ein webbasiertes Betriebliches Gesundheitsmanagement. Die Leiterin des Betriebsärztlichen Dienstes der Robert Bosch Automotive Steering GmbH in Schwäbisch-Gmünd, Dr. med. Elfriede Söll, ging der Frage nach, inwieweit ‚Ergo Coaching‘ zum Erhalt der Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern beitragen kann. Unter anderem werden dabei ungünstige Verhaltensweisen bzw. Bewegungsabläufe durch ergonomisch günstigere und gesündere ersetzt, erläuterte sie.

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