STUTTGART Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Arbeit der Zukunft aus? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Konferenz Arbeiten 4.0 in Baden-Württemberg, die der Metallarbeitgeberverband Südwestmetall gemeinsam mit den Arbeitgebern Baden-Württemberg, dem Unternehmensverband Südwest, den Fraunhofer-Instituten IAO und IPA sowie dem Future Work Lab am Donnerstag in Stuttgart abhielt.
Der stellvertretende Südwestmetall-Vorsitzende Reiner Thede kritisierte in seiner Eröffnungsrede, dass sich die Diskussion viel zu oft um die Frage drehe, wie viele Arbeitsplätze durch Digitalisierung und Automatisierung verloren gingen: Wir werden auch in einer digitalen Zukunft noch Arbeit haben umso mehr, je nüchterner wir die Chancen ergreifen.
Der digitale Wandel sei nicht aufzuhalten, sagte Thede: Wie er sich auswirkt, hängt davon ab, ob wir ihn zu unserem Nutzen gestalten können. Die Prämisse muss dabei sein, dass Unternehmen die Chancen von Digitalisierung und Industrie 4.0 erkennen und diese nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Dabei gelte es jedoch auch, die Auswirkungen auf Arbeit und Arbeitssysteme im Blick zu behalten, diese zu erforschen und im Sinne einer gut und ergonomisch gestalteten Arbeit einzusetzen: Die Berücksichtigung, ja die Erfüllung der Bedürfnisse der Beschäftigten wird ein entscheidender Erfolgsfaktor im digitalen Wandel sein. Wir als Arbeitgeber wollen unseren Beschäftigten attraktive Arbeitsplätze bieten. In diesem Spannungsfeld zwischen betriebswirtschaftlicher Optimierung und Beschäftigtenbedürfnissen müssen wir auch über mögliche Deregulierung und erforderliche Regulierung diskutieren.
Auf der Konferenz in der ARENA2036 in Stuttgart-Vaihingen standen dabei drei Themen im Mittelpunkt: Datenschutz und Mitbestimmung, Arbeitszeit und Produktivitätsmanagement sowie Beschäftigtenentwicklung und digitale Bildung. Parallel hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, im Future Work Lab die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsplätze unter realen Bedingungen ganz konkret zu erfahren.
Zitate der beteiligten Organisationen und Referenten:
Wirtschaftsstaatssekretärin Katrin Schütz: Baden-Württemberg ist bereits führend bei Industrie 4.0, ein renommierter IKT-Standort und in der wirtschaftsnahen Forschung hervorragend aufgestellt. Mit unseren Angeboten von den Digitallotsen über die Digitalisierungsprämie bis zur Einrichtung von regionalen Digitalisierungszentren (Digital Hubs) unterstützen wir vor allem unsere kleinen und mittleren Unternehmen dabei, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Und damit Beschäftigte in die digitale Transformation gut eingebunden und auf die Veränderungen gut vorbereitet sind, spielen berufliche Aus- und Weiterbildung bei der Digitalisierung eine zentrale Rolle. Im digitalen Zeitalter braucht es passgenaue und flexible Rahmenbedingungen zu Arbeitszeit und Arbeitsort. Damit geht auch eine Chance für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben einher.
Professor Dr.-Ing. Wilhelm Bauer, Geschäftsführender Institutsleiter, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO: Die Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen: der demografische Wandel, Herausforderungen einer globalen Marktwirtschaft und vor allem die Digitalisierung erfordern es, dass Unternehmen sich schnell anpassen und wandeln müssen. Insbesondere in ihrem Innovationsverhalten müssen sich Unternehmen neu aufstellen, Ideen von außen mit aufnehmen, neue Kooperationen eingehen, digitale Geschäftsmodelle entwickeln. Dazu bedarf es einer neuen Agilität und ambidextren Verhaltens. Einerseits müssen die bestehenden Geschäfte und Prozesse schnell digitalisiert und prozesseffizient gemacht werden, andererseits sollten mit agilen Teams und neuen Wertschöpfungspartnerschaften neue intelligente Produkte, Services und Geschäftsmodelle entwickelt werden.
Professor Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl, Institutsleiter, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) der Universität Stuttgart: Die Aufgaben der Mitarbeiter werden sich im Rahmen von Industrie 4.0 massiv verändern. Die direkten, also die wertschöpfenden Mitarbeiter werden mehr und mehr zu Dirigenten der Wertschöpfung. Diejenigen, die bisher mit der operativen Planung und Steuerung zu tun hatten, werden zukünftig die Rahmenbedingungen für die Selbstorganisation der Produktion schaffen. Eine Herausforderung wird es sein, die niedrig qualifizierten Mitarbeiter entsprechend weiterzubilden und auf dem Weg in die 4. Industrielle Revolution mitzunehmen. Gelingt uns das nicht, werden wir im Gegensatz zu den Befürchtungen vieler nicht genug Fachkräfte zur Verfügung haben, um unsere Fabriken optimal zu betreiben.