Ein Rechtsgutachten im Auftrag von Südwestmetall kommt zu dem Ergebnis, dass das Land Baden-Württemberg keine rechtliche Grundlage hat, um Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge in Stuttgart durchzusetzen.
Der Arbeitgeberverband hat die baden-württembergische Landesregierung deshalb aufgefordert, zunächst in Berufung zu gehen und nicht eine Sprungrevision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart einzulegen, das zu einer anderen Bewertung gekommen ist. In einem Berufungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim können nämlich sämtliche Tatsachen und auch zusätzliche Sachverhalte noch einmal gewürdigt, abgewogen und alle möglichen Maßnahmen auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden, sagte Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender von Südwestmetall, am Mittwoch in Stuttgart.
Das Gutachten wurde von dem renommierten Verfassungsrechtler Professor Dr. Christofer Lenz erstellt. Dieser hält die Anordnung von Fahrverboten durch die Verwaltungsbehörden des Landes nur dann für möglich, wenn der Bundesgesetzgeber einen entsprechenden bundesrechtlichen Rahmen geschaffen hat. Dies ergebe sich aus den Grundsätzen der Verfassung. Das abschließende Bundesrecht erlaube derzeit aber nur den Ausschluss von Fahrzeugen mit gelber oder roter Plakette in bestehenden Umweltzonen, nicht jedoch von Fahrzeugen mit grüner Plakette einschließlich von Dieselfahrzeugen denen maximale Benutzervorteile gewährt werden sollen.
Kritisch bewertet das Gutachten daher auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Entgegen der innovativen Auffassung des Gerichts schaffe auch eine richterliche Rebellion gegen den bundesrechtlichen Rahmen noch keine Ermächtigungsgrundlage für ein belastendes Handeln durch eine Landesbehörde. Südwestmetall-Chef Wolf betonte, selbstverständlich besitze der Schutz der Gesundheit der Menschen allerhöchste Priorität. Und es sei Aufgabe des Staates und der rechtsprechenden Gewalt, dies zu unterstützen. Dennoch zeigte auch er sich überrascht über das Urteil: Auch wenn die bestehenden europa- und bundesgesetzlichen Regelungen nicht ausreichen sollten, um die Luftreinhalteziele zu erreichen, ist dies noch keine Grundlage dafür, dass die Landesbehörden hier ohne gesetzliche Grundlage nachbessern dürfen. Aufgabe von Gerichten ist es, Recht anzuwenden, und nicht, Recht zu setzen. In dem Verfahren hatte die Deutsche Umwelthilfe gegen das Land Baden-Württemberg geklagt und wegen häufiger Grenzwertüberschreitungen an einzelnen Messpunkten in Stuttgart ein dauerhaftes Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in der Landeshauptstadt gefordert.
Wir raten dem Land auch dringend davon ab, mit einer Sprungrevision gleich vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. Denn dort können nur die rechtlichen Gegebenheiten noch einmal geprüft werden, so Wolf weiter. In einem Berufungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof könnten hingegen alle, gegebenenfalls auch bisher nicht berücksichtigte Sachverhalte aktuell bewertet werden, z.B. die Frage, wie viel die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge tatsächlich bringe: Wir halten auch eine umfassendere Abwägung von alternativen Maßnahmen für unbedingt erforderlich. Denn gerade beim Feinstaub ist der Ausstoß von Dieselmotoren nur einer von vielen Verursachern.
Angesichts der weitreichenden Folgen von Fahrverboten sei jedoch eine weitere Prüfung dringend geboten, so der Südwestmetall-Vorsitzende: Wir sorgen uns sehr darum, dass Fahrverbote dazu führen würden, dass Unternehmen wie Beschäftigte künftig ihre Aufgaben nicht mehr in vollem Umfang erledigen können mit langfristigen Folgen für den Standort und für die Beschäftigung im Land. Unternehmen könnten mit Ausnahmen für Handwerker möglicherweise nicht mehr ordnungsgemäß beliefert werden, Arbeitnehmer ihre Arbeitsstelle nicht mehr erreichen, Teile der Innenstadt nicht mehr richtig versorgt werden.
Wolf bezeichnete den Eingriff durch Fahrverbote auch im Hinblick auf die Besitzer von Diesel-Fahrzeugen als unverhältnismäßig. Diese Menschen hätten ihre Autos im festen Vertrauen gekauft, dass sie durch die grüne Plakette gegen Fahrverbote geschützt sind. Wenn ihre Fahrzeuge nun durch die Diskussion um Fahrverbote massiv an Wert verlören, sei dies ein schwerwiegender Eingriff in Eigentumsrechte: Hier stellt sich auch die Frage, warum die Stadt nicht schon viel früher für saubere Busse bei der SSB gesorgt hat, warum sie den innerstädtischen Lieferverkehr nicht wie von der IHK vorgeschlagen modernisiert, und auch, warum sie bei den Straßenbahnen nicht für sauberere Bremsen sorgt.