Vorsitzender Stefan Wolf: „Klarer Zusammenhang zwischen Geben und Nehmen“

Der Tarifabschluss 2018 sieht eine neue Sonderzahlung im Juli nächsten Jahres vor: das tarifliche Zusatzgeld, genannt T-Zug. Unser Vorsitzender Dr. Stefan Wolf zieht für die M+E-Zeitung eine Zwischenbilanz.

Der Tarifabschluss 2018 hat die Entgelte seit 1. April um 4,3 Prozent steigen lassen sowie mehr Wahlmöglichkeiten bei der wöchentlichen Arbeitszeit eröffnet. Und: Im Juli 2019 kommt eine neue Sonderzahlung, das neue tarifliche Zusatzgeld (T-ZUG) – fast ein Drittel eines Monatsentgeltes (27,5 %)! Der Tarifvertrag gibt bestimmten Beschäftigten in Schichtarbeit, mit Kindern unter 8 Jahren oder mit Angehörigen in häuslicher Pflege die Möglichkeit, auf das T-ZUG zu verzichten und stattdessen 8 freie Tage zu beantragen.

Das bedeutet aber auch, dass entsprechend viele Arbeitsstunden fehlen. Arbeit, die liegen bleibt, weil Mitarbeiter weniger arbeiten, müssen gleich qualifizierte Kollegen mit erledigen. Auch das ist im Tarifvertrag so festgehalten. Für die baden-württembergische Ausgabe der M+E-Zeitung sprachen wir mit dem Vorsitzenden Stefan Wolf und haben ihn gefragt, wie das Instrument bisher gehandhabt wird.

 

Welche Erfahrung haben die Arbeitgeber bisher mit dem neuen tariflichen Instrument der Freistellungstage im Tausch gegen das tarifliche Zusatzgeld gemacht?

Die Antragsfrist läuft noch bis zum 31. Oktober. Deshalb haben wir noch kein abschließendes Bild. Aus einigen Betrieben wird uns berichtet, dass schon sehr viele Anträge gestellt wurden, und zwar gerade von Schichtbeschäftigten. Sollte sich dieser Trend bestätigen, wird dies die Unternehmen, Betriebsräte und übrigen Beschäftigten vor große personalpolitische Herausforderungen stellen.

 

Haben Sie denn den Eindruck, dass alle Beteiligten – die Beschäftigten, die Betriebsräte, aber auch die Arbeitgeber – die Spielregeln kennen?

An sich sind die tariflichen Spielregeln nicht so komplex. Zunächst stellen die Beschäftigten, denen das Wahlrecht durch den Tarifvertrag ermöglicht wird, bis spätestens 31. Oktober einen Antrag. Dann erörtern Arbeitgeber und Betriebsrat, ob das fehlende Volumen innerbetrieblich mit entsprechender Qualifikation ausgeglichen werden kann. Schließlich entscheidet der Arbeitgeber – und zwar er alleine –, welche der Anträge genehmigt werden können. Wir haben aber den Eindruck, dass die Spielregeln von Teilen der IG Metall und manchen Betriebsräten nur sehr unvollständig kommuniziert werden. Teilweise wird wohl der Eindruck erweckt, dass die definierten Beschäftigtengruppen Ansprüche einfach so haben, ohne Voraussetzungen und ohne dass der Arbeitgeber „nein“ sagen kann. Dadurch werden falsche Erwartungen geweckt.

 

Lassen Sie uns noch einmal auf die Rolle der Betriebsräte zurückkommen. Inwiefern stehen diese in der Verantwortung?

Im Tarifvertrag ist festgehalten, dass Betriebsrat und Arbeitgeber zu erörtern haben, wie das entfallende Arbeitsvolumen betriebsintern ausgeglichen werden kann. Der Tarifvertrag führt beispielhaft mögliche Kompensationsinstrumente an, z. B. die Vereinbarung von Mehrarbeit, 40-Stunden-Verträge außerhalb der geltenden Quoten, die Nutzung von Arbeitszeitkonten oder auch die zuschlagsfreie Auszahlung aus Zeitkonten. Die Tarifvertragsparteien haben damit ein deutliches Signal gegeben, dass Betriebsräte „liefern“ müssen. Der Tarifvertrag stellt einen klaren Zusammenhang zwischen Geben und Nehmen her. Die einfache Formel lautet: Je größer die Kooperationsbereitschaft des Betriebsrats in Bezug auf Kompensationsinstrumente, desto höher die Zahl genehmigter Anträge, und umgekehrt.

 

Verweis:
Das Interview erscheint in der Ausgabe 2/2018 der M+E Zeitung Baden-Württemberg

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