Dr. Wolf: „Wenn Politik dieses Flexi-Instrument unbrauchbar macht, beschädigt sie mutwillig unsere Wettbewerbsfähigkeit“
Der Metallarbeitgeberverband Südwestmetall erwartet massive Auswirkungen auf die Flexibilität seiner Mitgliedsunternehmen, sollte die Bundesregierung die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse ohne Sachgrund zu befristen, wie geplant einschränken. Dies zeige eine aktuelle Umfrage unter den Mitgliedern der Metallverbände im Land, sagte der Südwestmetall-Vorsitzende Dr. Stefan Wolf am Dienstag in Stuttgart: „Die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse auch ohne Sachgrund zu befristen, ist das letzte gut funktionierende Flexibilisierungsinstrument, das in den letzten Jahren noch nicht eingeschränkt wurde. Wenn die Politik dieses Mittel für die Betriebe nun auch noch unbrauchbar macht, beschädigt sie mutwillig deren Wettbewerbsfähigkeit.“
Die Bundesregierung plant, die Zahl der sachgrundlos befristet Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 75 Mitarbeitern auf maximal 2,5 Prozent der Gesamtbelegschaft zu begrenzen. Weiter soll diese Befristungsart in allen Betrieben nur noch für maximal 18 Monate (bisher 24 Monate) möglich sein und innerhalb dieses Zeitraums nur noch einmal verlängert werden können. Laut Südwestmetall-Umfrage – an der sich rund 500 der insgesamt rund 1.600 verbandsgebundenen Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württembergs beteiligten – würden heute rund zwei Drittel der Betriebe mit mehr als 75 Mitarbeitern über der geplanten Quote von 2,5 Prozent liegen. „Das zeigt deutlich, welche massiven negativen Auswirkungen eine solche gesetzliche Regelung auf unsere Industrie hätte“, sagte Wolf. In diesen Betrieben arbeiten knapp 90 Prozent aller Metallbeschäftigten.
Auch von den andern von der Koalition geplanten Regelungen wären sehr viele Unternehmen betroffen:
- von der geplanten Verkürzung der Befristungsmöglichkeit ohne Sachgrund von 24 auf 18 Monate knapp 64 Prozent,
- von der Einschränkung der Verlängerungsmöglichkeiten von bisher drei auf eine Verlängerungsmöglichkeit 63 Prozent.
- Insgesamt knapp drei Viertel (72 Prozent) aller befragten Unternehmen erwarten im Hinblick auf die Quotenermittlung einen „hohen“ bis „sehr hohen“ bürokratischen Aufwand, was im Hinblick auf den notwendigen Aufwand zur Feststellung der Quote gerade bei Unternehmen mit mehreren Betrieben nicht verwundert.
- Rund 40 Prozent erwarten zudem mehr Rechtsstreitigkeiten bei der Umsetzung der geplanten Neuregelungen.
- Zudem gaben knapp 60 Prozent an, künftig häufiger auf Zeitarbeit und Fremdvergabe zurückgreifen zu wollen, sollten die Einschränkungen so kommen.
„Das kann doch nicht das Ziel des Gesetzgebers sein, dass damit dann weniger Beschäftigte in dem Betrieb angestellt sind, in dem sie tatsächlich arbeiten“, warnte der Südwestmetall-Vorsitzende.
Durch die geplante Einschränkung der Befristungsmöglichkeiten würden die Unternehmen massiv dabei behindert, in konjunkturell unsicheren Zeiten überhaupt noch Personal einzustellen, befürchtet Wolf: „Bisher war die Befristung doch für viele Menschen der Einstieg in eine dauerhafte, unbefristete Anstellung. Diese Beschäftigungsperspektive würde sich deutlich verschlechtern.“ In der Umfrage gab mehr als die Hälfte der Unternehmen an, in der Regel 70 Prozent und mehr der befristet Eingestellten anschließend in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis zu übernehmen. Bei mehr als 70 Prozent der Unternehmen sind es immerhin 50 Prozent und mehr befristet Beschäftigte, die anschließend fest übernommen werden.
Der Südwestmetall-Vorsitzende kritisierte scharf die Politik, die mit zweierlei Maß messe. Dort, wo sie selbst als Dienstherr auftrete, genehmige sie sich das Sonderrecht der sogenannten Haushaltsbefristung. Wohl auch deshalb liege die Zahl der Befristungen im Öffentlichen Dienst auch nahezu doppelt so hoch wie z.B. in der Metall- und Elektroindustrie (vier Prozent). In Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen seien es sogar mehr als 40 Prozent. „Ein solches Sonderrecht, z.B. wegen unsicherer Konjunktur, gestattet man den Unternehmern dagegen nicht. Im Gegenteil, man will ihnen das Leben noch schwerer machen. Dabei ist es wahrscheinlicher, dass wegen einer Konjunktureintrübung Aufträge ausbleiben, als dass eine öffentliche Einrichtung keinen Haushalt mehr verabschieden darf“, sagte Wolf: „Die Politik sollte daher zunächst einmal vor ihrer eigenen Haustüre kehren und die Befristungspolitik im öffentlichen Dienst kritisch hinterfragen. Das wäre ein weit größerer Beitrag, Befristungen auf das notwendige Maß zu beschränken und die Diskussion um etwaigen Missbrauch zu beruhigen.“
Die Politik müsse eine Rechtsfolgenabschätzung vornehmen, so Wolf: „Gerade in Zeiten, in denen wir uns in unsicheres Fahrwasser begeben, sind Flexibilisierungsinstrumente das richtige Mittel, um auf einen Sturm vorbereitet zu sein und diesen auch unbeschadet zu überstehen.“ Die Manövrier-fähigkeit der Unternehmen durch Einschränkungen bei den Befristungsmöglichkeiten zu beschränken, könne sich bitter für die Beschäftigten auswirken. Das habe offensichtlich auch die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erkannt, als sie angesichts der Konjunkturabschwächung eine Überprüfung von vereinbarten Vorhaben der großen Koalition forderte.