Südwestmetall-Umfrage zur Corona-Krise: M+E-Unternehmen können Kernbelegschaften im Moment noch schützen

08.04.2020

Die Corona-Krise hat gravierende Auswirkungen auf die Metall- und Elektroindustrie, die Leitbranche der baden-württembergischen Wirtschaft. Dies zeigt eine aktuelle Schnellumfrage des Arbeitgeberverbands Südwestmetall unter seinen Mitgliedern, die neben einem gravierenden Einbruch bei Aufträgen und Produktion auch einen explosionsartigen Anstieg der Kurzarbeit in der Metallbranche belegt.

„Noch gelingt es dem Gros der Unternehmen, durch Kurzarbeit und andere flexible Instrumente ihre Kernbelegschaften zu schützen“, sagte Südwestmetall-Hauptgeschäfts-führer Peer-Michael Dick am Mittwoch in Stuttgart: „Je länger die aktuellen Einschränkungen aber aufrechterhalten werden, desto wahrscheinlicher werden auch Jobs verloren gehen.“

Laut den Ergebnissen der Umfrage sind die Auftragseingänge zu Jahresbeginn (Januar bis März) um 14 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Die allermeisten Unternehmen (92 %) sehen ihre Produktion durch Corona-Auswirkungen eingeschränkt, 19 % verzeichnen starke, weitere 24 % sogar sehr starke Einschränkungen.

Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung liegt derzeit nur noch bei 60 %, dabei sind 9 % der Betriebe sogar komplett geschlossen. Als weitaus häufigster Grund für den Produktionseinbruch wird dabei „fehlende Nachfrage“ genannt (71 %), gefolgt von „fehlende Arbeitskräfte wegen Krankheit, Kinderbetreuung etc.“ (33 %) und „fehlende Teile/Material“ (29 %). Zahlreiche Betriebe (18 %) haben zudem ihre Produktion zurückgefahren und umorganisiert, um Ansteckungsgefahren zu verhindern. „Ausgehend von China sind unseren Unternehmen nach und nach die Märkte weggebrochen. Die Verkaufsstellen der Autobauer sind geschlossen, der Maschinenbau leidet unter der Zurückhaltung bei Investitionen“, sagte Dick.

In der Anfangsphase haben die Betriebe noch intensiv betriebliche und tarifliche Möglichkeiten ausgeschöpft, um dem abrupten Absatzeinbruch zu begegnen: Arbeitszeitkonten, Überstunden und Resturlaub wurden abgebaut, Instrumente wie die tariflichen Freistellungstage statt Auszahlung (T-ZUG) oder die Anordnung von Betriebsurlaub genutzt. 39 % der Betriebe haben zudem befristete Beschäftigungsverhältnisse beendet, 53 % die Zahl der Zeitarbeitnehmer reduziert.

Mittlerweile wird vor allem die inzwischen erleichterte Kurzarbeit genutzt, um den teilweise weitgehenden Produktionsstillstand auszugleichen. Zum Zeitpunkt der Umfrage (2.-7. April) waren schon in der Hälfte der Unternehmen Mitarbeiter in Kurzarbeit. Durchschnittlich waren dabei knapp Dreiviertel (72 %) der Beschäftigten in diesen Betrieben betroffen, die Arbeitszeit wurde im Schnitt um fast die Hälfte (47 %) reduziert. Allerdings plant derzeit auch mehr als die Hälfte dieser Betriebe (59 %) in den nächsten Wochen eine Ausweitung der Kurzarbeit. Hinzu kommt mehr als ein weiteres Drittel aller Betriebe (35 %), die in den nächsten Wochen mit Kurzarbeit beginnen will – so dass dann in Summe 85 % aller Betriebe dieses Instrument nutzen würden – sollte nicht eine Lockerung der Corona-Maßnahmen ein geringeres Ausmaß ermöglichen.

Nach den Worten des Südwestmetall-Hauptgeschäftsführers hätten die Betriebe zwar durchweg besonnen auf die Krise reagiert, „mittlerweile steht aber vielen das Wasser schon bis zum Hals“. Vor allem die Liquidität bereite zunehmend Probleme. Dies zeige sich auch daran, dass viele Betriebe unterschiedliche finanzielle Entlastungen oder Hilfen in Anspruch genommen hätten oder vor allem planten, dies demnächst zu tun, z.B. die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie Kredite und Bürgschaften der KfW oder der landeseigenen Förderbanken und finanzielle Soforthilfen für Kleinbetriebe.

Corona-bedingte Kündigungen von Mitarbeitern sind laut den Ergebnissen der Umfrage bisher noch die absolute Ausnahme (erst 4 % der Betriebe haben diese Option ziehen müssen). Klar sei jedoch auch, dass die Zahl der Kündigungen zunehmen werde, je länger die Krise und der Shutdown weiter Teile der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens andauere, sagte Dick: „Wir brauchen daher zeitnah eine Perspektive zum Neustart der Industrie, sobald sich die Zahl der Neuinfektionen stabilisiert hat.“

Da selbst dann abzusehen sei, dass es Monate dauern werde, bis sich die Lage wieder einigermaßen normalisiere, bräuchte es zudem gezielte Erleichterungen für Unternehmen, die trotz Corona investieren wollten: „Auch die baldige Öffnung der Autohäuser und Zulassungsstellen würde helfen.“ Zudem stießen einige Unternehmen, die wegen der Konjunkturflaute schon länger in Kurzarbeit gegangen sind, an die 12-Monatsgrenze für die maximale Bezugsdauer. „Diese sollte der Bundesarbeitsminister schnellstmöglich auf bis zu 24 Monate verlängern, um diesen Unternehmen Luft zu verschaffen“, sagte Dick: „Und wir wollen mit unserem Sozialpartner IG Metall zeitnah darüber reden, wie wir die Betriebe jetzt auch auf tariflicher Ebene unterstützen können.“

 

* An der Umfrage haben sich insgesamt 285 verbandsgebundene Unternehmen der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie mit insgesamt rund 250.000 Beschäftigten beteiligt. Unternehmen aus dem Maschinenbau waren dabei am stärksten vertreten, gefolgt von Betrieben aus den Branchen „Herstellung von Metallerzeugnissen“, „Elektrotechnik/DV-Geräte“, „Metallerzeugung/-bearbeitung“ sowie „KfZ-Herstellung“.

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