4. Südwestmetall-Mitgliederumfrage zu Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und zur aktuellen wirtschaftlichen Lage

Die wirtschaftliche Lage in den Unternehmen der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) hat sich nach einer aktuellen Umfrage des Arbeitgeberverbands Südwestmetall seit Juni zwar verbessert. Allerdings rechnen deutlich weniger Betriebe damit, bereits bis Mitte 2021 das Vorkrisenniveau wieder erreichen zu können. „Unsere Unternehmen stellen sich offenbar auf einen spürbar längeren Zeitraum für die vollständige Erholung ein“, sagte Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick am Mittwoch bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse: „Das ist ein deutliches Warnsignal, dass wir den Betrieben jetzt keine zusätzlichen Belastungen aufbürden dürfen – seien sie tariflicher oder gesetzlicher Art.“

Laut der Umfrage sehen sich derzeit rund ein Drittel der Unternehmen von den Auswirkungen der Pandemie „stark“ bzw. „sehr stark“ betroffen. Im Juni war es noch gut die Hälfte. Deutlich zurückgegangen ist, bei gestiegener Kapazitätsauslastung, zudem auch die Kurzarbeit. Zwar nutzen dieses Instrument immer noch fast zwei Drittel der Unternehmen, allerdings sind davon weit weniger Beschäftigte betroffen als noch im Juni. „Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass etliche Unternehmen – nicht zuletzt die größeren – mittlerweile andere betriebliche Lösungen gefunden haben, ihre Kapazitäten zu reduzieren“, sagte Dick: „Der Rückgang der Kurzarbeit ist also nicht 1:1 übersetzbar in die Rückkehr von Aufträgen.“

Obwohl etliche Indikatoren wieder aufwärts zeigen, sind die Unternehmen hinsichtlich der mittelfristigen Aussichten jedoch deutlich pessimistischer geworden. Nur noch ein Drittel der befragten Firmen rechnet verlässlich damit, bereits bis Mitte 2021 wieder das Vorkrisenniveau zu erreichen. Im Juni waren dies mit knapp 43 Prozent noch fast zehn Prozentpunkte mehr. „Dabei muss man sehen, dass auch in diesem Jahr trotz der enorm schwierigen Lage knapp jeder fünfte Betrieb mit Wachstum oder stabilem Umsatz plant. D.h., der Anteil der Firmen, die wirklich kurzfristig mit einer Erholung rechnen, ist sehr niedrig“, sagte Dick. Die Skepsis hinsichtlich der weiteren Entwicklung schlägt sich auch in den Personalplänen nieder. Knapp 40 Prozent der Unternehmen wollen noch in diesem Jahr Stellen abbauen, 2021 sind es knapp die Hälfte. Mehr als verdoppelt (von 4,4 auf 9,8%) hat sich zudem der Anteil der Betriebe, die schon in den letzten Wochen und Monaten Kündigungen aussprechen mussten.

Die weiterhin sehr angespannte wirtschaftliche Situation bestätigten bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse auch Vertreter von Unternehmen. Dr. Harald Marquardt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Marquardt Gruppe (Rietheim-Weilheim) und stellvertretender Südwestmetall-Vorsitzender, sagte: „Im Frühjahr haben sich unsere Umsätze zeitweise halbiert, wir mussten schnell reagieren.“ Genutzt wurden freiwillige Auflösungsvereinbarungen, Kurzarbeit, aber auch weitere tarifliche und betriebliche Maßnahmen, um den weltweiten Personalstand von 11.500 auf weniger als 10.000 anzupassen. Zwar laufe das Geschäft aktuell wieder ordentlicher, die Erwartungen blieben jedoch extrem volatil, so Marquardt: „Was mich besonders ärgert, ist, dass wir neben Covid-19 eine hausgemachte Strukturkrise haben: Der politisch forcierte Schwenk vom Verbrenner zur Elektromobilität, die wir noch nicht vollständig so beherrschen, dass sie ökologisch Sinn ergibt.“

Die Wafios AG in Reutlingen rechnet laut Vorstand Martin Holder in diesem Jahr mit einem Umsatzrückgang von mehr als einem Viertel. Als Reaktion auf den heftigen Corona-Einbruch hatte man auch Personaleinschnitte ins Auge gefasst: „Wir haben uns allerdings zunächst mit Kurzarbeit und einem Ergänzungstarifvertrag, bei dem unsere Mitarbeiter auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten, Luft verschaffen können.“ Langfristige Beschäftigungsgarantien konnte Wafios dabei aber nicht geben: „Wir verspüren zwar wieder eine gewisse Nachfragetätigkeit, aber die weitere Entwicklung bleibt sehr unsicher.“

An der Umfrage vom 28. September bis zum 4. Oktober 2020 haben sich insgesamt 343 verbandsgebundene Unternehmen der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie mit insgesamt rund 285.000 Beschäftigten beteiligt. Unternehmen aus dem Maschinenbau waren dabei am stärksten vertreten, gefolgt von Betrieben aus den Branchen „Herstellung von Metallerzeugnissen“, „Elektrotechnik/DV-Geräte“, „KfZ-Herstellung“ sowie „Metallerzeugung/-bearbeitung“.

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Volker Steinmaier

Referatsleiter Medienarbeit Print, Rundfunk und TV

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