Dick: „Bei den Energiekosten erreichen uns Alarmrufe. Politik muss Gegenmaßnahmen einleiten, um die Belastungen abzumildern“
Für das Gros der Unternehmen sind Russland und die Ukraine keine sehr gewichtigen Märkte. 78 Prozent der Firmen gaben an, weniger als zwei Prozent ihres Umsatzes mit Russland zu tätigen, 61 Prozent sogar weniger als ein Prozent. Bei der Ukraine liegt der Umsatzanteil bei mehr als drei Vierteln unter einem halben Prozent. Aber immerhin elf Prozent der Unternehmen gaben an, mehr als vier Prozent ihres Geschäfts mit Russland zu machen – mit Spitzen von bis zu 25 Prozent. „Was für den Durchschnitt gilt, heißt nicht, dass einzelne Unternehmen nicht doch sehr stark betroffen sind“, sagt Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick. Der Anteil der Unternehmen, die mit Vertriebsgesellschaften in Russland oder der Ukraine präsent sind, liegt bei 18 bzw. bei sechs Prozent. Eine eigene Produktion in diesen Ländern betreiben knapp fünf bzw. knapp zwei Prozent.
Auf der Importseite zeigen sich Abhängigkeiten: Aus Russland importieren die Firmen vorwiegend Rohstoffe (elf Prozent) und Materialien (sieben Prozent). Aus der Ukraine wiederum beziehen die M+E-Betriebe eher industrielle Vorprodukte (sieben Prozent). „Dabei handelt es sich auch um in größerem Umfang um in der Ukraine gefertigte Kabel und Bordnetze für die Automobilindustrie, ohne die schlicht keine Fahrzeuge mehr gefertigt werden können“, so Dick: „Dies führt derzeit zu erheblichen Produktionsbeeinträchtigungen, teilweise zu Produktionsstopps an den deutschen Standorten. Weil die Fahrzeughersteller dann auch bei den Lieferanten anderer Komponenten weniger oder nichts mehr abrufen, hat das eine erhebliche Hebelwirkung auf viele Betriebe und eine große Zahl von Beschäftigten.“
In Folge
des Ukraine-Kriegs rechnen die Unternehmen nun vor allem mit steigenden
Energiepreisen (85 Prozent) und teureren Rohstoffen (72 Prozent). „Gerade in
den energieintensiveren Sparten unserer Industrie sind die Energiekosten ein
sehr gewichtiger Block bei den Gesamtkosten“, sagt der
Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer: „Hier hatten die Firmen schon im
vergangenen Jahr einen erheblichen Preisanstieg zu verkraften. Mittlerweile
erreichen uns aus den Unternehmen Alarmrufe, die von einer Vervielfachung der
Kosten binnen Jahresfrist berichten. Da geht es bei manchen Unternehmen jetzt
schon an die Substanz. Hier muss die Politik dringend geeignete Gegenmaßnahmen
in die Wege leiten, um die Belastungen abzumildern.“
Zwar
erwarten auch knapp zwei Drittel der befragten Unternehmen Umsatzrückgänge in
Folge des Krieges. Allerdings rechnet die Mehrzahl der Firmen damit, den
Wegfall von Geschäft mit Russland oder der Ukraine über andere Märkte
vollständig (45 Prozent) oder zumindest teilweise (33 Prozent) kompensieren zu
können. „Die internationale Nachfrage nach M+E-Produkten aus Baden-Württemberg
ist ja aktuell sehr gut, kann jedoch nun schon seit Monaten wegen anhaltender
Lieferengpässe nicht vollständig bedient werden“, sagt Dick: „Deshalb wird nun
der Wegfall von Geschäft mit Russland oder der Ukraine dadurch abgemildert,
dass eben mehr in andere Märkte geliefert wird, wo die Kunden derzeit warten
müssen.“
Ein klares Signal senden die baden-württembergischen M+E-Firmen bei den Sanktionen aus, die von der deutschen und europäischen Politik bisher gegen Russland verhängt wurden. Die Exportbeschränkungen treffen bei 97 Prozent der Unternehmen auf Zustimmung (87 Prozent „voll“, zehn Prozent „eher“), bei den Einschränkungen im Zahlungsverkehr bzw. bei Transport und Verkehr sind es 95 bzw. 93 Prozent Zustimmung. „Die große Mehrheit unserer Mitglieder sieht die Notwendigkeit von Sanktionen, um Putin Einhalt zu gebieten, auch wenn es die Firmen selbst trifft.“