Dr. Schulz: Tariferhöhung in geforderter Höhe außerhalb aller Möglichkeiten – brauchen jetzt differenzierte Angebote an alle Firmen, abhängig von ihrer jeweiligen Lage
Die Arbeitgeber der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie haben die Tarifforderung der IG Metall im Land als „hartnäckige Realitätsverweigerung“ kritisiert. „Das Gros unserer Mitgliedsunternehmen steht angesichts massiver Lieferengpässe und gewaltiger Preissteigerungen für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte enorm unter Druck, und die Aussichten sind ungewisser denn je. Da helfen auch die teilweise hohen Auftragsbestände nicht. Einen zusätzlichen Schub bei den Personalkosten können sie sich gar nicht leisten“, sagte der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Dr. Joachim Schulz, am Donnerstag: „Wir können zwar nachvollziehen, warum die Beschäftigten angesichts der erheblich gestiegenen Verbraucherpreise mehr Geld wollen. Aber eine flächendeckende Tariferhöhung von acht Prozent steht außerhalb aller Möglichkeiten.“
Noch zum Jahresbeginn habe die IG Metall lediglich von einer Reallohnsicherung gesprochen – bei einer deutlich niedrigeren Inflationsprognose. Nun fordere sie viel mehr als das Doppelte dessen, was dafür zu Jahresbeginn erforderlich gewesen wäre, obwohl in der Zwischenzeit der Ukraine-Krieg, weiter explodierende Preise für die Firmen und auch die Ungewissheit bei der Energieversorgung hinzugekommen seien, sagte Schulz: „Während die ursprünglich optimistischeren Planungen der Betriebe größtenteils über den Haufen geworfen wurden, hat sich die IG Metall Schritt für Schritt von einem realistischen Pfad entfernt. Sie schürt damit nicht nur unnötig die Erwartungen bei den Beschäftigten, sondern beschwört damit auch einen Tarifkonflikt herauf, den wir in dieser Situation überhaupt nicht brauchen könnten. Ihr Ziel, damit Arbeitsplätze zu sichern, wird sie mit dieser Forderung auf gar keinen Fall erreichen können.“
Verwundert zeigen sich die M+E-Arbeitgeber darüber, wie die Gewerkschaft ihre Forderung im Vorfeld des Beschlusses begründet habe. Wer eine Forderung für ein Jahr aufstelle, könne doch nicht einfach die Daten von zwei vollen Jahren für die Begründung zusammenzählen, sagte der Südwestmetall-Vorsitzende: „Diese Rechenakrobatik ist schon einigermaßen grotesk. Und wenn die IG Metall schon anerkennt, die Tarifpolitik alleine sei damit überfordert, die aktuelle Verbraucherinflation auszugleichen – warum stellt sie dann eine Forderung, die noch höher ist als die aktuelle Inflation? Das ist wohl eher emotional als rational zu begründen.“
Schulz verwies darauf, dass auf die Firmen neben den aktuellen schweren Belastungen auch noch enorme Herausforderungen im Zuge der Transformation zukämen: „Wir brauchen daher eine Tarifpolitik mit Maß und Chancen, die keine dauerhaften hohen Kostenbelastungen schafft, sondern den Unternehmen Spielraum für Zukunftsinvestitionen lässt. Es ist ja äußerst alarmierend, dass die Firmen angesichts der aktuellen Probleme ausgerechnet jetzt ihre Investitionen kürzen oder schieben.“ Zudem müsse ein Tarifabschluss differenzierte Angebote an alle Firmen machen – jeweils in Abhängigkeit ihrer individuellen Lage. „die Entwicklung in unserer Industrie verläuft unterschiedlicher denn je, zwischen den verschiedenen Branchen, aber auch von Betrieb zu Betrieb. Mit einer Einheitslösung für alle werden wir dem nicht gerecht und laufen Gefahr, viele Firmen zu überfordern oder für die Tarifbindung zu verlieren. Das wollen wir nicht – und das kann auch der IG Metall nicht egal sein“, sagte Schulz.