Tarifparteien der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie verständigen sich auf Tarifabschluss für 24 Monate

Dr. Marquardt: „Ein in vielen Punkten schmerzhafter Kompromiss, der für uns nur tragbar ist, weil wir Entlastungsmöglichkeiten für Betriebe in Not und mit einer langen Laufzeit Planungssicherheit schaffen konnten“
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Roman Zitzelsberger und Dr. Harald Marquardt

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • 3.000 Euro steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie, gestückelt in zwei Tranchen à 1.500 Euro, Auszahlung bis jeweils
    1. März 2023 und 1. März 2024, zeitliche Verschiebung möglich
  • Erhöhung der Tariftabellen in zwei Stufen um 5,2 Prozent ab 1. Juni 2023 und um 3,3 Prozent ab 1. Mai 2024
  • Entlastungsmöglichkeiten für Betriebe in schwieriger wirtschaftlicher Lage
  • Prozessbeschreibung, wie schnell und flexibel auf eine Energienotlage zu reagieren ist
  • Planungssicherheit für die Betriebe durch lange Laufzeit (24 Monate bis 30. September 2024)

LUDWIGSBURG – Der Tarifkonflikt in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) ist beigelegt. Am Freitagnacht gegen drei Uhr verständigten sich der Arbeitgeberverband Südwestmetall und die IG Metall nach zwölfstündigen Verhandlungen auf ein Ergebnis für 24 Monate Laufzeit, das neben einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro auch zwei Tabellenerhöhungen von 5,2 und 3,3 Prozent vorsieht.

 „Dieser Kompromiss ist angesichts der extrem schwierigen wirtschaftlichen Situation und der enormen Unsicherheiten sicherlich in vielen Punkten schmerzhaft und absolut an der Grenze dessen, was wir für die Mehrzahl unserer Mitglieder gerade noch für tragbar halten“, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, Dr. Harald Marquardt: „Er ist für uns nur akzeptabel, weil er auch Entlastungsmöglichkeiten für Firmen in schwieriger Lage sowie Regelungen für den Fall einer Energienotlage enthält und den Firmen nun Planungssicherheit bis weit in das Jahr 2024 hinein gibt. Wir haben damit viele unserer Ziele in dieser Tarifrunde zumindest mit Abstrichen erreicht.“

Die Arbeitgeber hätten dem Ergebnis auch deshalb zugestimmt, da man sich der großen Verantwortung bewusst gewesen sei, in dieser extrem herausfordernden Zeit einen Arbeitskampf zu verhindern, so Marquardt: „Diesen hatte die IG Metall ja bei einem Scheitern in Aussicht gestellt, und er hätte unausweichlich zu großen Schäden und noch mehr Unsicherheiten geführt.“ Der Abschluss, der auch noch das Jahr 2024 weitgehend abdecke, sei auch ein Wechsel auf die Zukunft, sagte der stellvertretende Südwestmetall-Vorsitzende: „Es gehört auch eine Portion Optimismus dazu, dass die wirtschaftliche Entwicklung dann so eintritt, wie sie derzeit von den Fachleuten eingeschätzt wird.“

Die Arbeitgeber hätten immer darauf hingewiesen, dass es für einen Teil der Firmen, denen es nicht gut gehe, eigentlich gar keinen Spielraum für Lohnerhöhungen gebe. „Gleichzeitig haben wir aber auch immer betont, dass wir die Nöte unserer Beschäftigten angesichts der Inflation ernst nehmen und wir zu einer fairen Verteilung der Lasten bereit sind“, sagte Marquardt: „Dies spiegelt dieser Abschluss wider.“ Für die Unternehmen stehe unter dem Strich eine Kostenbelastung für die Kalenderjahre 2022 bis 2024, die für das Gros der Betriebe gerade noch tragbar sei. „Da es einem Teil der Firmen aber schon jetzt schlecht geht, sind wir sehr froh, dass es uns gelungen ist, für diese Firmen substanzielle Entlastungsmöglichkeiten zu schaffen. Dies war für uns unabdingbar.“

So gibt es wie bereits im letzten Tarifabschluss beim tariflichen Zusatzgeld eine automatische Differenzierung. Bei einer Nettoumsatzrendite unter 2,3 Prozent kann es sowohl 2023 als auch 2024 verschoben, gekürzt oder gestrichen werden. Das Zusatzgeld wird dabei von derzeit rund 400 auf 600 Euro erhöht. „Vor allem aber können die Arbeitgeber steuern, in welchem Kalenderjahr sie die Inflationsausgleichsprämie auszahlen wollen“, sagte Marquardt: „Damit schaffen wir einen sehr großen Hebel bei der Variabilität der Kosten und tragen den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung.“

Zudem habe man sich gemeinsam auf einen Prozess verständigt, der sicherstellt, dass die Betriebs- und Tarifparteien schnell und flexibel reagieren können, falls es während der Laufzeit des Tarifvertrags zu einer Energienotlage komme, so der Verhandlungsführer der Arbeitgeber: „Nicht zuletzt geben wir den Unternehmen mit der langen Laufzeit von 24 Monaten Planungssicherheit und Ruhe für die absehbar sehr schwierigen nächsten zwei Jahre, die vor uns liegen.“

Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Die Beschäftigten erhalten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro (maximaler von der Politik ermöglichter Betrag), Azubis 1.100 Euro
  • Die Prämie wird in zwei Tranchen gestückelt. Sie sind 2023 und 2024 jeweils bis zum 1. März auszuzahlen (von der ersten Tranche 750 Euro spätestens im Januar; die Unternehmen bekommen jedoch die Möglichkeit, die Auszahlung jeweils vorzuziehen oder nach hinten zu schieben und so die Kostenbelastung ggf. in ein anderes Kalenderjahr zu verschieben
  • Die Tarifentgelte werden zum 1. Juni 2023 um 5,2 Prozent und zum 1. Mai 2024 um 3,3 Prozent erhöht.
  • Das im Juli ausgezahlte tarifliche Zusatzgeld (T-ZUG B) in Höhe von künftig rund 600 Euro kann sowohl 2023 als auch 2024 automatisch differenziert, also zeitlich geschoben, gekürzt oder gestrichen werden
  • Die Tarifparteien haben sich gemeinsam auf einen Prozess verständigt, der sicherstellt, dass jederzeit schnell und flexibel auf eine mögliche Energienotlage während der Laufzeit des Tarifvertrags reagiert werden kann
  • Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten (vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2024) und gibt den Unternehmen damit Planungssicherheit für das gesamte Jahr 2023 und weite Teile von 2024

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Volker Steinmaier

Referatsleiter Medienarbeit Print, Rundfunk und TV

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