Barta: Entwurf des Arbeitsministers zur Arbeitszeiterfassung springt viel zu kurz – mehr Spielraum statt Überregulierung wäre auch im Sinne der Beschäftigten
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STUTTGART – Aus Sicht der baden-württembergische Metall- und Elektroindustrie springt der vorgelegte Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums zur Arbeitszeiterfassung viel zu kurz: „Die Arbeitswelt hat sich grundlegend gewandelt. Deshalb gehört jetzt die Modernisierung des Arbeitszeitrechts ganz oben auf die Agenda. Denn sowohl Beschäftigte wie auch Betriebe wünschen sich mehr Spielräume, als heute möglich sind“, sagte Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, am Mittwoch in Stuttgart: „Wenn die Bundesregierung nun schon die Hand ans Arbeitszeitgesetz legt, sollte sie diese Gelegenheit nutzen, das Arbeitszeitrecht zeitgemäß an die betrieblichen Realitäten einer modernen Arbeitswelt anzupassen und somit auf die Bedürfnisse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern eingehen.“
Zwei Regelungen gehören dabei aus Sicht der Arbeitgeber dringend überarbeitet: So sieht die EU-Arbeitszeitrichtlinie eine Höchstgrenze nur für die wöchentliche Arbeitszeit vor, nicht aber eine tägliche Höchstgrenze wie das deutsche Arbeitszeitrecht. „Diesen Spielraum sollte auch der deutsche Gesetzgeber nutzen und die tägliche Obergrenze von zehn Stunden ersatzlos streichen“, so Barta: „Es geht nicht darum, dass die Beschäftigten länger arbeiten sollen, sondern darum, die Arbeitszeit flexibler verteilen zu können. Die EU-Vorgaben setzen klare Regelungsgrenzen zum Schutz der Beschäftigten – eine darüber hinausgehende Überregulierung durch den deutschen Gesetzgeber braucht es nicht.“
Auch die gesetzliche Pflicht einer täglichen ununterbrochenen Ruhezeit von elf Stunden gehört für den Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer an die Realitäten einer modernen Arbeitswelt angepasst: „Zumindest dort, wo die Beschäftigten die Lage ihrer Arbeitszeit selbst bestimmen können, sollte davon in einem gewissen Umfang abgewichen werden können.“ Diese beiden Änderungen könnten dazu beitragen, dass – nicht zuletzt jüngere – Beschäftigte Beruf, Familie und Hobbies besser miteinander vereinbaren können, aber auch, dass Betriebe flexibler in einer globalisierten Arbeitswelt agieren könnten, sagt Barta: „Das wäre eine Win-Win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.“
Den vom Bundesarbeitsministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung bezeichnet er als einen ersten Diskussionsbeitrag: „Wir stehen ganz am Anfang eines etwaigen Gesetzgebungsverfahrens. Die Bundesregierung sollte diese Chance nun nutzen, das Arbeitszeitrecht grundlegend zu modernisieren und zu flexibilisieren, was uns ja schon seit vielen Jahren in den Koalitionsverträgen versprochen wird.“
Hinsichtlich der Zeiterfassung müsse insbesondere die Art und Weise der Aufzeichnung völlig frei gewählt werden können, so Barta: „Das wäre europarechtskonform. Und auch das Bundesarbeitsgericht hat diese Möglichkeit ausdrücklich bejaht.“ Auch die Pflicht, dass die Arbeitszeit jeweils täglich aufgezeichnet werden müsse, sollte deutlich gelockert werden: „Wir brauchen Regelungen, die die betriebliche Praxis im Auge behalten und praxisnahe, unbürokratische Lösungen ermöglichen. Das beinhaltet auch den Verzicht auf Regelungen, wo diese nicht zwingend erforderlich sind. Da sehen wir in diesem Entwurf noch deutlich Luft nach oben.“
Die Position der baden-württembergischen Arbeitgeber finden Sie auf der Website der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), der Dachorganisation der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände im Land.