Tarifparteien der baden-württembergischen M+E-Industrie verständigen sich auf Übernahme des Pilotabschlusses

Dr. Marquardt: „Ein Zeichen unserer Handlungsfähigkeit, aber auch an der Grenze des Machbaren“

LEINFELDEN-ECHTERDINGEN – Die Tarifparteien der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) haben sich auf die Übernahme des Pilotabschlusses verständigt, den die Tarifgebiete Küste und Bayern am Morgen in Hamburg erzielen konnten. „Die Sozialpartner in der M+E-Industrie beweisen damit trotz einer extrem schwierigen Gesamtlage Handlungs- und Kompromissfähigkeit, was in dieser Zeit ja keine Selbstverständlichkeit ist“, sagte Dr. Harald Marquardt, Verhandlungsführer von Südwestmetall, am Dienstag im Anschluss an die Übernahmeverhandlung in Leinfelden: „Der Abschluss ist noch erträglich, insbesondere weil wir Entlastungsmöglichkeiten für Betriebe in schwieriger Lage schaffen konnten. Gleichwohl geht er sicherlich für manche Unternehmen auch an die Grenze des Machbaren.“

Der Abschluss beinhaltet folgende wesentlichen Elemente:

- Erhöhung der Tarifentgelte in zwei Stufen um 2,0 Prozent zum 1. April 2025 und um 3,1 Prozent zum 1. April 2026 bei einer Laufzeit von insgesamt 25 Monaten (bis zum 31. Oktober 2026)

- Eine Einmalzahlung für alle Beschäftigten in Höhe von 600 Euro im Februar 2025 (mit der Möglichkeit, dies auf Dezember 2024 vorzuziehen)

- Eine einmalige Anhebung der Vergütungen der Auszubildenden um 140 Euro pro Monat

- Fortführung der automatischen Differenzierung für Betriebe in wirtschaftlich schwieriger Lage mit einem vergrößerten Differenzierungsvolumen

- Moderate Ausweitung der Wahloption „Geld oder freie Tage“ für die Beschäftigten bei gleichzeitiger Schaffung von entsprechenden Kompensationsmöglichkeiten für den Arbeitgeber

Die Verhandlungen im Norden waren eng von Vertretern von Südwestmetall begleitet worden. „Uns allen war die enorme Verantwortung bewusst. Ein Scheitern wollten wir in einer Zeit, in der es schon der Politik nicht mehr gelingt, gemeinsame Lösungen zu finden, vermeiden“, sagte Marquardt: „Dabei ist es uns mit einer langen Laufzeit von 25 Monaten auch gelungen, den Betrieben und den Beschäftigten Planungssicherheit und die Möglichkeit zu geben, sich nun wieder auf die anstehenden Herausforderungen zu konzentrieren.“

Der Südwestmetall-Verhandlungsführer betonte, dass das Ziel, keine weiteren Belastungen im Jahr 2024 zu verursachen, erreicht wurde: „Vor allem aber haben wir Entlastungsmöglichkeiten geschaffen, die jene Betriebe vor Überforderung schützen, die derzeit nicht in der Lage sind, das Gesamtpaket dieses Abschlusses zu tragen.“ Möglich wird dies durch die Fortschreibung der sogenannten automatischen Differenzierung. Sie erlaubt Betrieben, eine Sonderzahlung zunächst zu verschieben und dann ganz zu streichen, wenn die Rendite 2,3 Prozent oder weniger beträgt. Weil dafür nun eine andere Sonderzahlung – der sogenannte Trafo-Baustein statt des tariflichen Zusatzgeldes (T-ZUG B) – genutzt wird, erhöht sich das differenzierbare Volumen. „So können wir auch die Belastungen im Jahr 2025 für die Betriebe, die die Differenzierung nutzen, in Grenzen halten“, sagte Marquardt.

Bei der Wahloption „Geld oder freie Tage“ (T-ZUG) sei es gelungen, eine für beide Seiten gangbare Lösung zu finden. So können z.B. Beschäftigte mit Kindern bis zwölf Jahren (bisher acht) künftig häufiger von der Regelung Gebrauch machen. Auf der anderen Seite können Betriebe künftig z.B. im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung regeln, dass im Fall von Überkapazitäten die Freistellungstage verpflichtend angeordnet werden. Eine gute Nachricht für junge Menschen sei zudem die deutliche Anhebung der Azubi-Vergütungen in der M+E-Industrie: „Damit setzen wir auch ein Signal für die Attraktivität unserer Branche und die Zukunft unserer Industrie.“

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Volker Steinmaier

Referatsleiter Medienarbeit Print, Rundfunk und TV

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