Tarifabschluss 2020 in Baden-Württemberg

Eine Tarifrunde wie in diesem Jahr gab es noch nie! Es gab schon immer Herausforderungen und auch Krisenjahre sind der Branche nicht fremd. Dass aber innerhalb weniger Tage eine Volkswirtschaft weitgehend gezielt zum Erliegen gebracht werden musste, war dann doch einzigartig und hat den Verlauf und das Ergebnis dieser Tarifrunde entscheidend geprägt.

Ursprünglich sollte die Tarifrunde die Transformation der Metall- und Elektroindustrie in den Fokus rücken. Doch im Februar wurde schlagartig alles anders. Die Corona-Pandemie beherrschte von Tag zu Tag mehr die Gesellschaft und Wirtschaft. Und sie zog negative wirtschaftliche Folgen nach sich – für beide Seiten.

Mit dem unumgänglichen „shut-down“ des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens im März war den Sozialpartnern klar: Der Tarifabschluss muss schnell gehen.

Mehrere Ziele standen dabei im Fokus:

  • Der Abschluss durfte die ohnehin vor enormen Herausforderungen stehende Wirtschaft nicht zusätzlich belasten.
  • Es sollten tarifliche Werkzeuge angeboten werden, die den Beschäftigten eine Kindebetreuung ermöglichen (wegen der Schulschließungen), ohne gleich in eine unbezahlte Freistellung gehen zu müssen.
  • Es galt, sich auf die zu erwartende Kurzarbeit vorzubereiten und hier einen Interessenausgleich zu finden.

Am 22. März fanden die Sozialpartner in Baden-Württemberg einen Kompromiss, der die Interessen von Unternehmen und Belegschaften gleichermaßen berücksichtigt. Die wichtigsten Elemente stellen wir nachfolgend vor.

Entgelte steigen nicht

Die Entgelte und Ausbildungsvergütungen aus dem Tarifabschluss 2018 gelten unverändert weiter und können frühestens zum 31. Dezember 2020 gekündigt werden. Damit steigen die tariflichen Entgelttabellen in 2020 nicht.

Im Unterschied zu den übrigen Tarifgebieten der Metall- und Elektroindustrie fällt in Baden-Württemberg außerdem auch kein sogenannter Finanzierungsbetrag an, der soziale Härten durch Kurzarbeit ausgleichen soll. Denn: In Baden-Württemberg sind die tariflichen Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld bereits geregelt, im Tarifvertrag zur Kurzarbeit und Beschäftigung (TV KB).

Freistellung bei Kinderbetreuungsengpässen

Befristet und gültig für das Jahr 2020 können Eltern von Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres acht Freistellungstage statt des tariflichen Zusatzgeldes, genannt T-ZUG, beantragen. Familien können dadurch ihre Kinderbetreuung wegen der coronabedingten Schließung von Schulen und Kindergärten besser sicherstellen, hierfür muss der nun erweiterte Anspruch aber auch tatsächlich genutzt werden.

Dies modifiziert die bestehenden Regelungen in mehrfacher Hinsicht: Zum einen wird die Betreuungsoption, die normalerweise auf Kinder bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres beschränkt ist, auf ältere Kinder ausgeweitet. Zum anderen ist es möglich, die Anträge mit einer deutlich verkürzten unterjährigen Antragsfrist zu eröffnen.

Freistellungstage statt T-ZUG

Um Kurzarbeit zu vermeiden beziehungsweise zu verschieben, gilt befristet für das Jahr 2020: Die Betriebsparteien können verbindlich regeln, dass anstelle des tariflichen Zusatzgeldes (T-ZUG) Freistellungstage genommen werden. Vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat dies, stehen Eltern von Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres, Schichtbeschäftigten, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen und Arbeitnehmern mit pflegebedürftigen Angehörigen acht freie Tage zu. Bei den übrigen Beschäftigten sind es sechs Tage. Im Gegenzug entfällt die Auszahlung des T-ZUG im Juli.

Mit dieser neuen Option ermöglichen die Tarifvertragsparteien somit in der aktuellen Situation eine Umkehr der ursprünglichen Logik: Die Freistellungstage dienen nun zum Abbau von Überkapazitäten.

Commitment zur Krisenbewältigung

Die Tarifvertragsparteien haben schließlich an mehreren Stellen ihren Willen dokumentiert, sozialpartnerschaftliche Lösungen zu entwickeln, die helfen, die aktuelle Krisensituation besser zu bewältigen.

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